Die Karriere beeindruckt – die Geschichte dahinter berührt
Rund 60 Gäste konnte OK-Präsident Fritz Scheidegger am Helferanlass des Mizuno-Städtlilaufs im SOHO begrüssen. Dem wärmsten bislang, weil vom Februar in den Mai verschoben, und vielleicht auch dem kurzweiligsten. Nach dem erfreulichen Rückblick auf das 2021, welches mit dem Selftiming-Event beinahe gleich viele erwachsene Läuferinnen und Läufer an den Start lockte wie das Rennen 2019, übernahm nämlich einer das Mikrofon, welcher den ohnehin schon gut besuchten Raum vollends mit Präsenz füllte: Heinz Frei.
Es waren nicht einmal die Zahlen – 15 paralympische Goldmedaillen, 14 x WM-Gold, 112 Marathonsiege –, welche am meisten beeindruckten, sondern die Geschichte dieses aussergewöhnlichen Athleten. Die Geschichte hinter all seinen Erfolgen, aber auch die Geschichte seines Lebens, welchem 1978 ein jäher Schicksalsschlag beschieden war. Frei, eben erst 20 geworden, verunfallte bei einem Berglauftraining schwer und zog sich unheilbare Rückenverletzungen zu.
Doch der Oberbipper stellte sich dieser riesigen Herausforderung. Er begann mit der Situation zu leben und seinen Körper neu zu akzeptieren. Schloss sich bald einem Rennrollstuhlclub an und bestritt seinen ersten Marathon. Nach 3:15 Stunden stoppten die Uhren im Ziel, unterwegs war er auf einem Rennrollstuhl der Marke Eigenbau. Zwei Jahre später stand er in Zürich bereits zuoberst auf dem Podest: In 2:13 Stunden erreichte er die Ziellinie gar vor dem ersten Läufer und brachte damit die Veranstalter in Verlegenheit. Wem gehörte denn nun der (viel zu schwere) Lorbeerkranz, wem der Siegercheck über Fr. 5000.-?
Es ging weiter steil aufwärts in der Karriere von Heinz Frei. 1987 gewann er in Montreal seinen ersten grossen Marathon – ein Gefühl, das er unbedingt wieder erleben und nie mehr loslassen wollte. So gesellten sich, bis 2013, sagenhafte 20 Siege am Berlin-Marathon dazu, oder noch vor der Jahrtausendwende der 10. Sieg am Oita-Marathon. Die 1:20:14 Stunden bedeuteten eine neue Weltrekordzeit über die 42,195 Kilometer, welche erst vor kurzem von Shooting-Star Marcel Hug gebrochen wurde. Herausgefahren auf Hightech-Material, im Windkanal getestet und mit jeder Menge Formel-1-Technik versehen.
Wenn Heinz Frei erzählt, sind es nicht in erster Linie die sportlichen Erfolge, welche hängenbleiben. Es ist vielmehr seine Einstellung zu seiner einzigartigen Karriere, es ist der Weg, welchen er zu all den sportlichen Meilensteinen gehen musste. Zurück zum Selbstwertgefühl, welches ihn in den Momenten nach dem Schicksalsschlag 1978 auf einen Schlag verlassen hatte. Heute kann er konstatieren: Seine Situation zu akzeptieren hat unglaubliche Möglichkeiten hervorgebracht.
Zum Beispiel, im Alter von 63 Jahren Silber zu gewinnen im Strassenrennen an den Paralympics – den zehnten und gleichzeitig letzten seiner Karriere. «Gäbetne ume und düetne chli aalänge», schickte er seine Silbermedaille mit breitem Grinsen auf die Reise durchs SOHO. Kurz zuvor hatte er an die Runde appelliert, den Moment zu geniessen und den Kopf wieder hoch zu halten, um über weniger schöne Momente hinwegkommen zu können.
Definitiv zu den schönen Momenten zählte dieser Abend nicht nur für die hellwache Zuhörerschaft, sondern auch für Heinz Frei selber. Er spreche gerne vor Sportlern und wisse um die Wichtigkeit von Helfern und Ausrichtern von Sportanlässen, schliesslich habe er jahrelang davon profitiert. Bleibt zu hoffen, dass auch am Städtlilauf möglichst viele Läuferinnen und Läufer von dieser Freiwilligenarbeit profitieren. Am 2. Juni startet das Warm-Up, bevor am 17. Juni der Hauptevent über die Wangener Bühne geht. Sei auch du dabei beim 7. Mizuno-Städtlilauf!